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Natürlicher Instinkt oder Hinweis auf ein Problem?
So unangenehm es uns Menschen auch erscheint, viele Hunde fressen regelmäßig Kot von anderen Tieren, ähnlich wie es ihre Vorfahren, die Wölfe, taten. Dieses Verhalten, bekannt als Koprophagie, kann jedoch auch auf eine Erkrankung hindeuten oder nach der Umstellung auf BARF vorübergehend auftreten.
Warum fressen Hunde Kot?
Das Fressen von Kot scheint bei Hunden oft ein unproblematisches Reliktverhalten aus der Zeit ihrer Vorfahren zu sein. Dieses Verhalten zeigen Hunde selbst dann, wenn sie kerngesund sind und mit einer ausgewogenen Ernährung versorgt werden. Besonders häufig wird der Kot von Pflanzenfressern wie Pferdekot oder Schafskot aufgenommen. In solchen Fällen weist das Verhalten in der Regel weder auf gesundheitliche Probleme noch auf Nährstoffmängel hin.
Anders gestaltet sich die Situation jedoch, wenn ein Hund den Kot von Fleischfressern frisst, insbesondere seinen eigenen. Dieses Verhalten kann zwar auf ein gesundheitliches Problem hinweisen, muss dies aber nicht zwangsläufig bedeuten. Eine mögliche Erklärung könnte sein, dass der Kot stark nach Lockstoffen riecht, die zum Beispiel in Fertigfutter enthalten sind, und dadurch für den Hund besonders anziehend wirkt.
Schauen wir uns jedoch genauer den Fall an, bei dem das Kotfressen tatsächlich ein Anzeichen für ein gesundheitliches Problem sein könnte. Wie bereits in Zusammenhang mit Kot thematisiert, enthält dieser unter anderem Darmbakterien und Verdauungsenzyme. Diese Bestandteile machen den Kot für Hunde möglicherweise interessant. Was Kot hingegen nicht enthält, ist eine hohe Nährstoffdichte, da es sich um das Endprodukt der Verdauung handelt. Hunde fressen daher Kot in der Regel nicht aufgrund eines Nährstoffmangels. Vielmehr suchen sie darin gezielt nach etwas anderem, beispielsweise nach Verdauungsenzymen oder spezifischen Bakterien.
Probleme mit der Darmflora
Ein häufig auftretendes Problem in diesem Zusammenhang ist eine Dysbiose, also eine Verschiebung der natürlichen Darmflora. Normalerweise spielen die Darmbakterien eine wichtige Rolle bei der Verdauung, da sie bakterielle Enzyme ausschütten, die Nährstoffe – insbesondere im Dickdarm – aufspalten und für den Hund verwertbar machen. Liegt jedoch eine Fehlbesiedlung der Darmflora vor, können diese Prozesse nicht mehr vollständig ablaufen.
In solchen Fällen wird das Kotfressen oft als eine Form von Zoopharmakognosie interpretiert – einer Selbstmedikation des Hundes. Das Tier sucht aktiv nach Enzymen und Bakterien, die es für die Unterstützung seiner Verdauung benötigt, und versucht, diese durch das Fressen von Kot aufzunehmen.
Besonders auffällig ist in diesem Zusammenhang das Fressen von Kot anderer Fleischfresser, wie Hunden oder Katzen. Dies deutet darauf hin, dass der Hund gezielt nach Enzymen und Bakterien sucht, die für Fleischfresser besser geeignet sind. Hunde- oder Katzenkot enthält in der Regel genau die Verdauungsstoffe, die der Hund benötigt, um sein Verdauungssystem zu entlasten und auszugleichen. Dieses Verhalten kann ein klarer Hinweis darauf sein, dass ein Problem in der Darmflora oder im Verdauungssystem vorliegt und genauer untersucht werden sollte.
Enzymmangel als Ursache
Es gibt Hinweise darauf, dass Kotfressen bei Hunden ein Anzeichen für eine Störung der enzymatischen Verdauung sein kann. Ein Mangel an Verdauungsenzymen, die die Bauchspeicheldrüse produziert, verhindert die optimale Verwertung der Nährstoffe. Zu den häufigsten Ursachen gehören eine Bauchspeicheldrüseninsuffizienz oder ein Mangel am Hormon Cholecystokinin (CCK).
- Bauchspeicheldrüseninsuffizienz: Bei diesem Zustand ist die Bauchspeicheldrüse so stark geschädigt, dass sie nicht mehr in der Lage ist, ausreichend Verdauungsenzyme zu produzieren.
- CCK-Mangel: Dieses Hormon gibt der Bauchspeicheldrüse das Signal, Verdauungsenzyme auszuschütten. Wenn der Körper nicht genug CCK produziert, schüttet die Bauchspeicheldrüse zu wenige Enzyme in den Dünndarm aus, was die Verdauung beeinträchtigt.
Die Ausschüttung von Verdauungsenzymen durch die Bauchspeicheldrüse beginnt bereits während der Futteraufnahme. Schüttet die Bauchspeicheldrüse schon zu Beginn zu wenig Enzyme aus, entstehen im Dünndarm nur unzureichende Spaltprodukte der Protein- und Fettverdauung. Diese Spaltprodukte sind jedoch notwendig, um die Produktion von CCK zu stimulieren. Ohne diese Stimulation reduziert die Bauchspeicheldrüse die Enzymausschüttung weiter, wodurch ein Teufelskreis entsteht.
Dieser Kreislauf kann auch andersherum starten: Eine angegriffene Darmschleimhaut produziert von Beginn an zu wenig CCK. Infolgedessen fehlen die Signale für die Bauchspeicheldrüse, ausreichend Enzyme auszuschütten, was wiederum den Enzymmangel verschärft.
Ein Mangel an Verdauungsenzymen wirkt sich negativ auf die gesamte Verdauung aus und führt oft dazu, dass der Hund versucht, diese fehlenden Enzyme durch das Fressen von Kot zu kompensieren. Dieses Verhalten kann ein wichtiger Hinweis darauf sein, dass eine eingehende Untersuchung und gegebenenfalls eine Behandlung erforderlich sind.
Weitere Ursachen für Kotfressen
Abgesehen von dem harmlosen Reliktverhalten, das bei Hunden meist keine gesundheitlichen Probleme verursacht, können auch andere Ursachen für Koprophagie vorliegen, die einer genaueren Untersuchung bedürfen.:
- Langeweile oder Stress:
Häufig sind Unterforderung, Langeweile oder Stress Auslöser für das Kotfressen. Dieses Verhalten tritt besonders in Mehrhundehaltungen auf, wenn Rangordnungsprobleme bestehen. Der Hund kann dann versuchen, durch das Fressen von Kot seine Unsicherheit oder Anspannung abzubauen. - Darmparasiten:
Ein Befall mit Darmparasiten kann ebenfalls Koprophagie auslösen. Parasiten schädigen die Darmwand, wodurch die Aufnahme von Nährstoffen eingeschränkt wird. Zusätzlich verbrauchen sie selbst Nährstoffe aus der aufgenommenen Nahrung, was zu einem tatsächlichen Nährstoffmangel beim Hund führen kann. In solchen Fällen versucht der Hund, durch das Fressen von Kot diesen Mangel auszugleichen.
Diese Ursachen erfordern je nach Auslöser unterschiedliche Maßnahmen, sei es eine Verbesserung der Lebensbedingungen, Stressreduktion oder eine gezielte medizinische Behandlung.
Was kann man gegen Kotfressen tun?
Die jeweilige Ursache bestimmt die Maßnahmen gegen das Kotfressen, die gezielt umgesetzt werden sollten:
- Langeweile oder Stress als Auslöser
- Ursachen beheben: Wenn der Hund aus Langeweile oder Stress Kot frisst, muss die Ursache angegangen werden. Beschäftigung, ausreichende Bewegung und mentale Auslastung sind hier entscheidend.
- Verhaltenstraining: Unterstützend kann ein gezieltes Verhaltenstraining helfen, dem Hund das Kotfressen abzugewöhnen.
- Parasitenbefall
- Medizinische Behandlung: Liegt ein Parasitenbefall vor, muss dieser durch eine entsprechende Behandlung beseitigt werden, um die Nährstoffaufnahme im Darm zu normalisieren und die Ursache für das Verhalten zu eliminieren.
- Enzymmangel oder Darmflora-Probleme
- Enzymgabe: Bei einem Mangel an Verdauungsenzymen – etwa durch eine Bauchspeicheldrüseninsuffizienz oder einen CCK-Mangel – kann die Gabe von Verdauungsenzymen das Kotfressen stoppen.
- Dauerhafte Enzymgabe: Bei Bauchspeicheldrüseninsuffizienz ist eine Dauergabe notwendig.
- Kurweise Gabe: Bei einem CCK-Mangel helfen Enzyme kurweise über 1–3 Monate, um den Teufelskreis zu durchbrechen. Geeignete Präparate enthalten Lipase und Proteasen, wie z. B. Kreon.
- Dosierung: Etwa 5.000–10.000 LipE pro 10 kg Körpergewicht des Hundes sollten verabreicht werden. Bereits innerhalb einer Woche ist oft eine Besserung zu beobachten.
- Synbiotika: Sollte nach einem Monat keine Verbesserung eintreten, kann die Gabe eines Synbiotikums sinnvoll sein. Diese kombinieren Probiotika (nützliche Bakterien) und Präbiotika (Nährstoffe für diese Bakterien).
- Anwendungsdauer: Die Gabe sollte über 6–8 Wochen erfolgen.
- Geeignete Produkte: Hochwertige Humanpräparate wie DHN Probio immun oder BactoFlor 10/20 werden bevorzugt, da sie keine fragwürdigen Inhaltsstoffe wie Calciumcarbonat oder Maisstärke enthalten. Sie bieten zudem eine höhere Dosierung und eine größere Vielfalt an Bakterienstämmen (Multi-Spezies-Ansatz). Mindestens 4 Milliarden kBE (koloniebildende Einheiten) pro Gabe sind ideal.
- Enzymgabe: Bei einem Mangel an Verdauungsenzymen – etwa durch eine Bauchspeicheldrüseninsuffizienz oder einen CCK-Mangel – kann die Gabe von Verdauungsenzymen das Kotfressen stoppen.
- BARF-Umstellung und Kotfressen
- Adaption unterstützen: Nach der Umstellung auf BARF kann Kotfressen vorübergehend auftreten, da der Darm Zeit benötigt, sich an die veränderte Futterzusammensetzung anzupassen.
- Enzyme und Synbiotika: In solchen Fällen kann der Einsatz von Verdauungsenzymen und Synbiotika den Übergang erleichtern und die Symptome lindern.
Mit diesen gezielten Maßnahmen lässt sich das Kotfressen in den meisten Fällen beheben oder zumindest kontrollieren. Sollte das Verhalten dennoch anhalten, ist eine Rücksprache mit dem Tierarzt erforderlich.
Vorsicht!
Das Fressen von Kot, insbesondere von Hunde- oder Katzenkot, birgt Risiken, da der Hund sich mit bestimmten Darmparasiten infizieren kann. Parasiten übertragen sich durch den Kontakt mit infiziertem Kot und verursachen gesundheitliche Probleme. Im Gegensatz dazu stellt das Fressen von Pflanzenfresserkot wie Pferdeäpfeln oder Schafskötteln in der Regel kein Infektionsrisiko dar, da Hunde für diese Parasiten meist die falschen Wirte sind.
Hygienische Aspekte:
Besonders in Haushalten mit kleinen Kindern sollte darauf geachtet werden, dass der Hund keine Parasiten über das Ablecken von Gesichtern oder Händen überträgt. Hier ist ein achtsamer Umgang erforderlich.
Besondere Vorsicht bei Hunden mit MDR-1-Defekt:
Hunde bestimmter Rassen, wie Australian Shepherds, Bearded Collies, Bobtails, Border Collies, Collies, Langhaar-Whippets, Shetland Sheepdogs, Wäller, Weiße Schäferhunde sind häufig von einem genetischen Defekt (MDR-1-Defekt) betroffen. Dieser Defekt macht sie extrem empfindlich gegenüber bestimmten Substanzen, darunter Ivermectin, ein Wirkstoff, der oft in Entwurmungsmitteln für Weidetiere eingesetzt wird.
Wenn Hunde mit einem MDR-1-Defekt Pflanzenfresserkot wie Pferdeäpfel aufnehmen, der Rückstände von solchen Entwurmungsmitteln enthält, kann dies schwerwiegende oder sogar tödliche Folgen haben.
Vorsichtsmaßnahmen:
- Gentest: Um sicherzugehen, ob Ihr Hund von einem MDR-1-Defekt betroffen ist, kann ein Gentest beim Tierarzt durchgeführt werden.
- Überwachung: Bis zur Klärung sollten Hunde dieser Rassen davon abgehalten werden, Pflanzenfresserkot zu fressen, insbesondere von Tieren, die kürzlich entwurmt wurden.
Grundsätzlich:
Das Fressen von Pflanzenfresserkot ist bei gesunden Hunden in den meisten Fällen unproblematisch, sofern keine spezifischen Risiken wie der MDR-1-Defekt vorliegen. Mit den richtigen Vorsichtsmaßnahmen und regelmäßigen Entwurmungen können mögliche Gefahren minimiert werden.