Die Überschrift dieses Artikels ist bewusst allgemein gehalten, da Lernen nicht von der speziellen Tierart abhängt. Ein Hund lernt auf ähnliche Weise wie ein Schwein, eine Ratte oder auch ein Mensch. Entscheidend ist das Gehirn, und weniger die Tierart, in der es sich befindet. In diesem Artikel werde ich mich allerdings speziell auf das Lernen beim Hund konzentrieren.
Allgemein
Unter Lernen versteht man sowohl den absichtlichen als auch den beiläufigen Erwerb von Fertigkeiten. Der Lernzuwachs kann sich auf intellektuellem, körperlichem, charakterlichem oder sozialem Gebiet ereignen. Aus lernpsychologischer Sicht wird Lernen als ein Prozess der relativ stabilen Veränderung des Verhaltens, Denkens oder Fühlens aufgefasst, der aufgrund von Erfahrung oder neu gewonnenen Einsichten erfolgt. Dies umfasst das Verständnis (verarbeitete Wahrnehmung der Umwelt oder Bewusstwerdung eigener Regungen).
Quelle: Wikipedia.de
Lernverhalten beim Hund
Hunde lernen, wie alle anderen Lebewesen auch, um ihren eigenen Zustand zu optimieren. Das Lernen, um ‘anderen zu gefallen’ oder ‘weil man den anderen mag’, ist in der Natur nicht vorgesehen. Das bedeutet, dass Hunde nur dann aktiv werden, wenn sie einen Nutzen davon haben. Daher ist es unsere Aufgabe, sie entsprechend zu motivieren.
Motivation ist der Ausgangspunkt und zugleich der wichtigste Aspekt der Hundeerziehung. Sie kann je nach Situation und individuellen Eigenschaften des Hundes variieren. Motivation ist eng mit Belohnung verbunden. Du musst für deinen Hund jene spezielle Superbelohnung finden, die ihn zu jeder Zeit und in jeder Situation mehr motiviert als alles andere. Es muss nicht immer ein Leckerchen sein; es kann auch beispielsweise ein Zerrspiel sein. Jeder Hund ist in dieser Hinsicht unterschiedlich.
Zum Beispiel stellt Futter für einen Hund, der bereits satt ist, kaum noch eine Motivation dar. Hat er jedoch Appetit, wird er vieles tun, um an Futter zu kommen. Leckerchen, Spielzeug, Lob und Aufmerksamkeit können als Motivationsmittel dienen.
Warum gehst du jeden Tag zur Arbeit? Weil dein Chef es sagt? Oder weil du am Monatsende dein Gehalt bekommst? Auch wir Menschen benötigen Motivation, um aktiv zu werden. Es muss nicht unbedingt Geld sein, aber wir erwarten, dass es sich in irgendeiner Weise lohnt.
Assoziation
Hunde lernen am besten, in dem sie Ergebnisse und Vorgänge Assozieren.
Merke
Assoziation bedeutet, dass zwei oder mehrere Ereignisse, die gleichzeitig oder kurz nacheinander geschehen, im Gehirn miteinander in Verbindung gebracht werden. Diese Verbindung kann gestärkt werden, wenn die Assoziation regelmäßig und häufig auftritt. Wenn sich eine solche Assoziation dauerhaft im Gehirn verankert, insbesondere durch intensive, emotional bedeutende Erfahrungen, spricht man von Konditionierung.
Das Gehirn eines Hundes verknüpft Ereignisse nur, wenn sie innerhalb extrem kurzer Zeitabstände nacheinander geschehen. Diese Abstände dürfen, je nach Hund, maximal zwischen einer und drei Sekunden betragen. Dies sollte bei der Hundeerziehung und beim Lernen unbedingt berücksichtigt werden!
Eine grundlegende Regel für die Hundeerziehung lautet: Wenn ein Hund etwas nach unseren Vorstellungen tut, muss die Belohnung dafür innerhalb einer Sekunde erfolgen. Andernfalls ist das Tier nicht mehr in der Lage, diese Belohnung mit seiner Handlung zu verknüpfen. Natürlich nimmt der Hund auch gerne eine Belohnung nach 10 Sekunden entgegen – aber er weiß dann nicht, wofür er gerade belohnt wird! Die Belohnung dient dann nicht mehr als Motivation für die durchgeführte Handlung. Wenn du beispielsweise erst in die Küche gehst, nachdem dein Hund etwas gut gemacht hat, um ihm dort seine Belohnung zu geben, dauert das sicherlich einige Sekunden. Der Hund kann dann diese “gute Handlung” nicht unbedingt auf Befehl wiederholen, weil er nicht verknüpft hat, wofür er belohnt wurde. Er freut sich lediglich jedes Mal, wenn du in Richtung Küche marschierst, weil es dort Leckeres für ihn gibt!
Fehlverknüpfung
Die meisten Probleme beim Lernen entstehen durch Fehlverknüpfungen. Solche Fehlverknüpfungen treten auf, wenn ein Hund die von uns gegebene Belohnung und das Kommando fälschlicherweise mit einer Handlung verbindet, die er ausgeführt hat, die aber nicht die Handlung ist, die wir tatsächlich befohlen und belohnen wollten. Das bedeutet, der Hund verknüpft unser Kommando und die Belohnung mit einer anderen, oft unerwünschten Handlung, die nicht der intendierten entspricht.
Ein konkretes Beispiel: Wenn Sie das Kommando „Komm“ geben und der Hund stattdessen wegrennt, während Sie ihm hinterherlaufen und weiterhin „Komm“ rufen, könnte der Hund falsch verknüpfen. Er könnte denken, dass „Komm“ bedeutet, er soll weglaufen und es entsteht ein Fangspiel, das ihm viel Spaß macht. Dieser Spaß wird dann fälschlicherweise als Belohnung wahrgenommen.
Die Reihenfolge
Um Fehlverknüpfungen zu vermeiden und um die Assoziation hin zu bekommen, sollte man mit den Hunden zuerst die Um Fehlverknüpfungen zu vermeiden und die richtige Assoziation zu fördern, sollte man mit den Hunden zunächst die gewünschte Handlung trainieren, ohne dabei ein Kommando zu verwenden. Das bedeutet, dass du, bevor dein Hund beispielsweise auf das Kommando „Gib Laut“ mit Bellen reagiert, eine Methode finden musst, um ihn zu diesem Verhalten zu animieren. Dies kann von dir viel Einsatz und Kreativität erfordern. Erst wenn der Hund die gewünschte Handlung zeigt, solltest du gleichzeitig das Kommando „Gib Laut“ geben und das Tier sofort belohnen. So kann der Hund Handlung, Kommando und Belohnung miteinander verknüpfen.
Alternativ kannst du auch abwarten, bis der Hund von selbst auf etwas bellt, oder du provozierst das Bellen, indem du zum Beispiel an der Haustür klingelst. Dies funktioniert bei den meisten Hunden. Nach einigen Wiederholungen wird der Hund in der Lage sein, das Kommando mit der Belohnung und der Handlung „Bellen“ zu assoziieren. Dann sollte das Kommando alleine ausreichen, um ein Bellen zu provozieren.
Merke: Um Fehlverknüpfungen zu vermeiden, sollte man zuerst die vom Trainer gewünschte Handlung ohne Verwendung eines Kommandos trainieren.
Oft verwenden wir auch Handzeichen, um die Hunde zu bestimmten Handlungen zu bewegen. Sobald der Hund regelmäßig auf diese Zeichen mit der korrekten Handlung reagiert, kann ein verbales Kommando hinzugefügt werden. Dabei solltest du unbedingt auf die richtige Reihenfolge achten: Wenn du zuerst das Handzeichen und dann das Kommando gibst, kann es vorkommen, dass der Hund das verbale Signal überhört, da er sich bereits auf das Handzeichen konzentriert. Dies wird als „Überschattung“ bezeichnet. Gib daher zuerst das verbale Kommando und unmittelbar danach, nur etwa eine Zehntelsekunde später, das Handzeichen. Das für uns Menschen typische begleitende Gestikulieren kann für Hunde beim Lernen ein Störfaktor sein, da sie nicht nur auf akustische, sondern auch auf visuelle Reize in ihrer Umgebung achten.
Intermittierende Belohnung
Wenn der Hund zum Beispiel einem spannenden Ballspiel folgt, lässt er sich natürlich nicht von dem Gedanken an einen immer gleichen, trockenen und geschmacklosen Keks davon abbringen – das wäre wirklich ein schlechter Tausch, oder? Dies gilt für alle Arten von Steuerungsmitteln, von der Stimme bis zum Handzeichen. Achte darauf, dass die Motivation, der der Hund folgt, für ihn stets interessant bleibt. Wenn du es schaffst, dass du selbst für den Hund die wichtigste und größte Motivation darstellst, dann hast du fast die Spitze der Hundeerziehung erreicht!
Nachdem der Hund eine Aktion etwa hundert Mal ohne Schwierigkeiten ausgeführt hat, hat er sie in der Regel verstanden. Ab diesem Punkt solltest du ihn nicht mehr jedes Mal belohnen, sondern zunehmend nach dem Zufallsprinzip, auch ‘intermittierende Verstärkung’ genannt. Du solltest deinen Hund nun in variierenden Intervallen belohnen. Der Hund bleibt dadurch stets in der Erwartung einer Belohnung und wird weiterhin sein Bestes geben. Belohnungen müssen der Situation angepasst sein. Ein Vergleich aus unserer Welt: Spielautomaten machen Menschen süchtig, weil wir auf Gewinne hoffen, obwohl wir meistens keine erhalten. Die Auszahlungsrate bei Spielautomaten liegt durchschnittlich bei etwa 90 bis 95 Prozent. Ähnlich sollte die Rate der verstärkenden Belohnungen bei der Hundeerziehung sein, um Frustration zu vermeiden und das gewünschte Verhalten konstant zu fördern.
Kontext spezifisches lernen
Hunde lernen normalerweise kontextspezifisch. Das bedeutet, dass sie alle Umstände miteinander verknüpfen, die im selben Moment um sie herum geschehen. Dies erklärt, warum viele Hundebesitzer sich blamieren, wenn ihr Vierbeiner die in der Hundeschule gelernten Übungen nicht vor der gesamten Verwandtschaft zu Hause zeigen möchte. Wie oft hört man dann: „Aber auf dem Hundeplatz kann er alles … sogar viel besser als die anderen Hunde!“ Doch was kann der Hund dafür? Er hat die Übung nicht im Kontext von „Verwandtschaft und Parkplatz“, sondern in dem der „Hundeschule“ gelernt – also auf einem bestimmten Platz mit bestimmtem Untergrund, immer mit denselben Menschen und Artgenossen, neben denselben Bäumen und Gegenständen, die ihm für diese Übung relevant erschienen. Das Kommando „Platz und Bleib!“ hat für Menschen überall dieselbe Bedeutung, aber Hunde können es nur an Orten verstehen und ausführen, an denen sie es gelernt und regelmäßig geübt haben. Ebenso hat das Hörzeichen „Sitz“, wenn es dem Hund im Kontext „Wohnzimmer“ beigebracht wurde, im Kontext „Garten“ zunächst keine Bedeutung für das Tier. Dass Hunde kontextspezifisch lernen, kann auch zu verschiedenen Erziehungsproblemen führen.
Merke
Übe alles, was der Hund lernen soll, mit ihm in verschiedenen Situationen und an unterschiedlichen Orten! Diesen Vorgang nennt man ‘Generalisieren’.
Kommandos richtig geben
Selbst wenn Hunde ein Kommando schon gut kennen, kann es für sie an Bedeutung verlieren, wenn wir es zu oft oder in einer besonderen Situation erfolglos verwenden. Dies wird in der Lerntheorie dann als „Lernen von Bedeutungslosigkeit“ bezeichnet.
Ein Beispiel: Timmy, eine 20 kg schwere Mischlingshündin, durfte vom Welpenalter an bei jeder Gelegenheit uneingeschränkt mit anderen Hunden spielen, so lange sie wollte. Da ihre Besitzer dies toll fanden und sich nichts weiter dabei dachten, überließen sie die Hunde dabei immer sich selbst. Timmy lernte also von Anfang an, dass „anderer Hund“ bedeutet: „Ich kann spielen, ich brauche nicht zu gehorchen und muss mich um meine Besitzer nicht weiter kümmern“. Als Timmy etwas älter war, wollten ihre Besitzer sie plötzlich einmal aus dem Spiel abrufen, weil sie es eilig hatten. Sie ärgerten sich, dass Timmy nicht reagierte, obwohl sie das Kommando „Komm“ sonst gut beherrschte. Das Hörzeichen „Komm“ hatte für Timmy im Spiel mit Artgenossen keine Bedeutung. Und je öfter ihre Besitzer später erfolglos „Komm“ riefen, umso mehr verlor dieses Hörzeichen an Wert.
Apropos Schreien: Man versteht wirklich nicht, warum einige Menschen so oft laut werden oder gar schreien, um ihren Hunden einen Befehl zu geben. Oft sind die Tiere nicht mehr als einen Meter von den Menschen entfernt – und die Hunde hören sehr gut. Für die Hunde ist es sogar normal, auf Geräusche zu achten, die aufgrund ihrer Frequenz für uns nicht einmal hörbar sind. Die Hunde können im Bruchteil einer Sekunde das leiseste Geräusch wahrnehmen und genau orten. Wenn sie lernen, nur auf laute Kommandos zu reagieren, haben die gleichen Hörzeichen in leiser Form keine Bedeutung mehr für sie. Wenn beispielsweise Hunde lernen, sich auf ein geschrieenes „Platz!“ mit Brust und Bauch auf den Boden zu legen und sich nicht mehr zu bewegen, werden wir sie nie aus einer gewissen Distanz dazu bringen können. Ein Beispiel: Ein Hund ist hundert Meter gegen die Windrichtung von uns entfernt. Wegen akuter Gefahr soll er sich plötzlich hinlegen. Wie laut wir nun auch „Platz!“ schreien – das Hörzeichen kommt trotzdem nur sehr leise an. Da er dieses Kommando in dem Kontext „Leise“ nicht kennt, bleibt es für ihn unbedeutend und er gehorcht nicht. Hätten wir mit ihm dieses Hörzeichen leise geübt, würde dies uns und ihm in dieser Situation sehr nützlich sein.
Konsequent sein
Ein ganz wichtiger Aspekt der Hundeerziehung ist unsere Konsequenz. Häufig erschwert unsere Inkonsequenz die Hundeerziehung. Einmal muss der Hund etwa so lange im »Platz« liegen bleiben, bis sein Herrchen etwas anderes sagt. Beim nächsten Mal darf er jedoch aufstehen, ohne dass es beachtet wird, weil sein Herrchen in ein Gespräch vertieft ist. Ein anderes Mal ärgert sich sein Herrchen darüber, wenn er aus eigener Initiative aufsteht oder vom »Platz« ins »Sitz« wechselt, und trotzdem lobt er ihn manchmal dafür. Oder wir wechseln zwischen verschiedenen Kommandos wie »Leg dich« oder »Geh runter«, obwohl wir »Platz« meinen. Wir Menschen wissen oft gar nicht, was wir den Hunden mit unserer inkonsequenten Art antun.
Merke
Wenn Hunde lernen, nur auf laute Kommandos zu reagieren, können die gleichen Hörzeichen in leiser Form für sie keine Bedeutung mehr haben.
Mehrere Hundeführer
Weißt du eigentlich, dass jedes deiner Familienmitglieder ein anderes Bewegungsmuster für die gleiche Botschaft haben kann? Wie sollen die Hunde diese unterschiedlichen Bewegungen deuten? Herrchen streckt für „Sitz“ die Hand aus, genau wie Frauchen es für „Bleib“ tut. Es ist für die Tiere sehr schwierig, aus unserem Eintopf von Signalen schlau zu werden.
Das verwirrt die Hunde und sie bauen Stress auf. Bei Stress wird unter anderem das Hormon Cortisol freigesetzt, was bei den Hunden zu einer „Denkblockade“ führen kann. In diesem Zustand können die Tiere weder Neues lernen noch bereits erlerntes Verhalten abrufen. Viele Frauchen und Herrchen meinen dann, ihr Liebling sei einfach stur. Sie schreien ihren Hund an oder beschimpfen ihn, was den Stress des Hundes nur noch mehr verstärkt – und schon entsteht ein Teufelskreis des Missverstehens. Leider sind es oft die willigsten und cleversten Hunde, die am meisten unter unserer Inkonsequenz leiden.
Merke
Stress sowie auch Angst kann durch Ausschüttung von Cortisol zu Denkblockaden führen und damit zu der Unmöglichkeit, etwas zu lernen.
Also sei bitte konsequent mit den Hunden. Aber sollte es dennoch einmal zu so einem Stresszustand kommen, habe Geduld. Unterbreche zunächst jede Übung! Überdenke, wo ein Fehler passiert sein könnte! Erst wenn der Hund wieder ganz entspannt ist, solltest du locker, aber trotzdem konsequent von vorne beginnen.
Die Verstärkung
Die Belohnung ist Grundlage jeder Motivation und wird positive Verstärkung genannt. Das ‘Positiv bezieht sich in diesem Fall nicht auf ‘was Gutes’ sondern auf etwas was man hinzufügt. Das Leckerchen wird zum Hund hinzu gefügt. Es gibt auch eine negative Verstärkung. Auch dieses ist nicht schlechtes. Es wird was weggenommen. Bspl.: Ein Hund ist angeleint und will mir seinen Hundefreunden toben und spielen. Er soll aber erst ‘Sitz’ machen und wird dann von der Leine gelassen. Das losmachen der Leine ist der negative Verstärker. Es wird was weggenommen.
Durch die Belohnung steigt die momentane Stimmung. Sie löst bei den Hunden einen positiven emotionalen Zustand aus, etwa Freude. Aber wo es Belohnung gibt gibt es auch Strafe. Durch eine »Bestrafung« sinkt die momentane Stimmung. Es kann ein negativer emotionaler Zustand, etwa Angst, entstehen.
Das Strafen
Über Jahrhunderte wurden die Hunde durch das »Strafen« zu erziehen versucht. Den Tieren wurden gar Schmerzen zugefügt, um Ausbildungsziele zu erreichen. Leider sind diese mehr als fragwürdigen Erziehungsmethoden auch heute noch in vielen Hundevereinen und Hundeschulen üblich.
Die Anwendung von harten körperlichen Maßregelungen kann auch in einigen Fällen tatsächlich funktionieren – in den meisten allerdings nicht. Sollte es eventuell funktionieren, ist es trotzdem tierschutzwidrig und handelt sich um eine kurzfristige und auf gar keinen Fall langfristige Lösung.
Das Strafen ist abhängig vom Timing, der Intensität und der Konsequenz. Auch die Strafe muss während oder innerhalb einer Sekunde nach der Handlung erfolgen, damit die Hunde sie mit der von uns unerwünschten Handlung verknüpfen können. Sie muss so intensiv sein, dass sie stärker ist als die Motivation, eine von uns unerwünschte Handlung zu zeigen. Sie muss konsequent immer ausgeübt werden, sobald die Hunde die von uns unerwünschte Handlung zeigen. Andernfalls kann keine Verknüpfung zwischen Handlung und Strafe entstehen. Es kommt vielmehr, wie in den meisten Fällen, zu einer falschen Assoziation. Die allermeisten Menschen können dieses nicht sicher stellen. Strafen kann daher sehr schädlich sein. Inkonsequentes und launisches Vorgehen bewirkt Vertrauensverlust beim Hund.
Außerdem muss bedacht werde, dass eine Strafe im Wiederholungsfall für das selbe ‘Vergehen’ jedes mal stärker sein muss. Sonst ist die Wirkung nicht gegeben. Dieses führt zu einer Eskalation du uns Menschen schnell an unsere Grenzen bringt.
Wenn man von Strafen redet, denkt man als Mensch üblicherweise sofort an das Schlagen. Schlagen ist in dem Verhaltensprogramm des Hundes nicht vertreten. Schlagen ist eine Art der Bestrafung, die von dem Hund nicht nachvollzogen werden kann. Dadurch wird nur Unsicherheit und Angst vor dem Menschen anerzogen. Das Ganze kann sich dermaßen steigern, dass es sogar in einem Ernstkampf mit der Person endet.
Strafen können Nebenwirkungen haben. Eine Strafe kann von allen Hunden falsch verknüpft werden. Die Tiere bringen sie zum Beispiel mit anderen, zufällig anwesenden Personen, Geräuschen, Gerüchen oder Gegenständen in Verbindung. Eine harte körperliche Strafe löst Angst und somit Stress aus! Erinnere dich an die schon besprochene Denkblockade und Cortisol Ausschüttung im Gehirn, welche die Lernfähigkeit zum Negativen beeinträchtigt. Oft bleibt zum Beispiel die Angst vor Händen im Allgemeinen bestehen. Solche Tiere bezeichnet man dann als »handscheu«.
Auch der oft propagierte »Nackengriff« mit Schütteln des Hundes im Genick ist eine völlig ungeeignete »Strafmaßnahme«. Durch diese Art der Bestrafung kann ein Besitzer seinen Hund lediglich unangemessen tadeln, nicht jedoch den Weg zum richtigen Verhalten aufzeigen. Das absolut schlimmste was ich erlebt habe, ist das ein Jäger seinen Hund mit einen Schuss bestrafte. Dazu wurde der Hund draußen im Wald angebunden und dann aus großer Entfernung auf ihn mit Schrot geschossen. Was der Hund daraus gelernt hat weis ich nicht, jedenfalls nicht das wofür er Bestraft worden ist. Dieses habe ich selbst miterlebt, allerdings vor 50 Jahren.
Merke
Der Nackengriff ist keine geeignete Erziehungsmethode!
Die erlernte Hilflosigkeit durch eine zu harte Einwirkung ohne Fluchtmöglichkeit, die wechselnd angenehmen und unangenehmen Folgen für das stets gleiche Verhalten und die Überforderung des Hundes spielen beim Bestrafen ebenfalls eine große negative Rolle. Die körperlichen und seelischen Schmerzen, die eine Strafe bei den Hunden auslöst, kann die Tiere zur übermäßigen Aggression verleiten. Zudem wird die Beziehung von Hund und Halter belastet.
Lernen mit Freude
Lernen muss Spaß bringen. Wenn die Hunde Freude daran haben, üben sie gern und lernen sogar viel schneller. Strafen kann es unmöglich machen, rasch zu lernen. Ihre Kreativität und Konzentration lassen nach. Ihre Kreativität hängt sehr davon ab, welche Erfahrungen die Hunde in den vorherigen Trainingsstunden gemacht haben.
Hat zum Beispiel ein Hund gelernt, dass unerwünschtes Verhalten mit Strafe verbunden ist, kann er sich der Strafe entziehen, indem er schlauerweise überhaupt keine Verhaltensweisen mehr darbietet. Denn wer nichts macht, kann auch nichts falsch machen. Wurde der Hund hingegen für erwünschte Verhaltensweisen belohnt und das unerwünschte Verhalten einfach ignoriert, so wird er sich weiterhin zwecks Belohnung um Einfallsreichtum im Verhaltensrepertoire bemühen.
Merke
Die Ignoranz kann das beste Mittel gegen unerwünschtes Verhalten sein!
Damit aber das Ignorieren als Erziehungsmethode wirklich zum Erfolg führt, müsste der Mensch zu dem Hund eine gute und intakte Beziehung haben. Die Rolle Mensch und die Rolle Hund müssen gut und klar definiert werden. Wenn die Hunde überzeugt sind, die führende Position zu haben, interessieren sie weder unsere Befehle, noch die Tatsache ignoriert zu werden. Unsere Kommandos werden für die Hunde höchstens wie Ratschläge klingen und das Schlimmste ist, dass die Tiere uns ignorieren werden! Sie drehen ganz einfach den Spieß um.
Mit dem Hund arbeiten
Hilfsmittel wie beispielsweise Kopfhalfter können oft helfen, ein Problem wie beispielsweise Ziehen an der Leine zu lösen. Durch das Band, das an der Schnauze des Hundes angelegt wird, kann der Hund sicherer geführt und das Ziehen an der Leine eventuell besser in den Griff bekommen werden. Im Vergleich zu Halsbändern oder Geschirren kann man den Kopf des Hundes lenken und kontrollieren, wodurch das Kräfteverhältnis zwischen Mensch und Hund zugunsten des Menschen verschoben wird.
Dabei darf aber nie vergessen werden, dass Hilfsmittel – egal welche – nie Ersatz für schlechte Trainingsfähigkeiten des Hundehalters sind! Sie ersetzen weder Konsequenz noch gutes Timing bei der Belohnung. Bevor Hilfsmittel zum Einsatz kommen, sollte also immer zuerst geschaut werden, ob nicht Fehler des Menschen die Ursache dafür sind, dass der Hund nicht verstanden hat, was wir von ihm wollen.
Merke
Ein Kopfhalfter kann helfen, das Problem des Ziehens an der Leine zu lösen.
Auch reagieren nicht alle Hunde gleich, und es ist oft sinnvoll, zusammen mit einem erfahrenen Trainer eine individuelle, dem Hund angemessene Lösung zu finden, bevor man selbstständig verschiedene Hilfsmittel ausprobiert.
Über den Einsatz von Stromreizgeräten bei der Hundeerziehung lässt sich viel diskutieren. In diesem Text beschränken wir uns jedoch auf zwei wesentliche Punkte: Erstens ist die Gefahr von Fehlverknüpfungen – also ungewollten Assoziationen – und resultierendem Angstverhalten zu groß, und zweitens kann der Strom eine Schmerzreaktion mit Stress auslösen. Für Privathalter ist seine Anwendung in Deutschland zudem verboten (siehe „Hund und Mensch in deutschen Rechtsvorschriften“).
Ein Mensch sollte mit dem Hund niemals über dessen Konzentrationsfähigkeit hinaus arbeiten, die von seinem Alter, Ausbildungsstand und Gesundheitszustand abhängt. Zudem variiert sie je nach Individuum. Wenn eine Übung besonders gut gelingt, neigen wir Menschen dazu, sie sofort zu wiederholen. Wir haben einfach großen Spaß daran, erfolgreich mit dem Hund zu arbeiten. Oft wäre es jedoch für das Tier besser, genau in diesem Moment aufzuhören und das Training mit einem Erfolgserlebnis für beide Seiten abzuschließen. Das bringt beiden Freude und hebt die Stimmung.
Viele Erziehungsprobleme könnten vermieden werden, wenn wir Menschen souverän auftreten und konsequenter das aufmerksamkeitsheischende Verhalten des Hundes ignorieren würden.
Weitere Erziehungsprobleme könnten vermieden werden, wenn wir uns überlegen würden, was wir mit dem Hund eigentlich erreichen wollen. Wie möchten wir mit ihm arbeiten? Was wollen wir ihm beibringen? Wie könnten wir ihn belohnen? Wie lange kann sich unser vierbeiniger Freund konzentrieren und wie kreativ ist er? In welchem Ausbildungsstadium befindet er sich? Was kann man von ihm verlangen? Wie ist unser und sein physischer und psychischer Zustand an diesem Arbeitstag? Dabei solltest du nicht vergessen, dass dein Hund ein Individuum ist und du dementsprechend individuell auf ihn eingehen musst. Ein Patentrezept für alle Hunde gibt es nicht!
Die Schlüssel zu einer erfolgreichen Hundeerziehung sind ein gut strukturiertes Hundetraining, spezielle Belohnungen, die Art der Erziehung, der Ausbildungsweg und die Trainingsdauer – alles individuell auf den eigenen Hund abgestimmt. Deshalb empfehle ich dir besonders, mit deinem Hund bei einem kompetenten Tierarzt oder erfahrenen Hundetrainer konkreten Rat einzuholen!
roland kruggel, Dezember 2021